Die grosse Orgel in der Stadtkirche Zofingen wird im September und November umfassen revidiert. Das kostet die reformierte Kirchengemeinde Zofingen rund 220’000 Franken. Um den musikalischen Tonträger im Herzen der Stadt wieder für viele Jahre erklingen zu lassen, macht sie eine Spendenaktion mit diversen Aktivitäten. Bis jetzt erfolgreich.
Musik gehört zum Gottesdienst. Ihre Träger sind die singende Gemeinde, ab und zu Instrumente und vor allem die Orgel. Sie hat innerhalb der Liturgie ihre bestimmten Aufgaben zu übernehmen. Das Eingangsspiel sammelt die Gemeinde, die sich aus dem Alltag zusammen findet zur Stille, zum Hören und zur Gemeinschaft. Die Choralintonationen vermitteln Rhythmus, Tonart und Gestalt der nachfolgenden Melodie, so dass die Singgemeinde ohne weiteres richtig einzustimmen vermag. Nach der Predigt folgt ein meditatives Orgelspiel, in dessen Wesen das gehörte Predigtwort nachklingt oder das nachkommende Lied sich bereits ankündigt. Das Ausgangsspiel beschliesst den Gottesdienst freudig oder nachdenklich, bewegt oder gemessen – je nach dem. Kurz und bündig: Die Orgel spielt eine Hauptrolle im Gottesdienst – auch in der prachtvollen reformierten Kirche mitten in Zofingen. Die grosse Orgel der Stadtkirche Zofingen, erbaut 1983 von der Firma Metzler Orgelbau in Zusammenarbeit mit dem Orgelsachverständigen Bernhard Edskes, ist ein Prachtinstrument. «Sie ist eine Nachbildung der prächtigen Barockorgeln aus dem 17. Jahrhundert wie man sie aus Norddeutschland kennt», erklärt der Zofinger Pfarrer Lukas Stuck. Und er konkretisiert: «Unsere Orgel ist genausten auf die Akustik in der Stadtkirche abgestimmt. Sie gilt als die grösste rein mechanische Orgel der Schweiz. Das heisst die Übertragung der Tasten zu den Pfeifen basiert auf rein mechanischer Spieltraktur. Dies ist die älteste Übertragungsart und wird grundsätzlich bei historischen Orgeln eingesetzt.» 36 Jahre steht die Orgel in der Stadtkirche nun treu zu Diensten, umrahmt die Gottesdienste und bestreitet zahlreiche Konzerte. «Eine Generalrevision ist überfällig. Schmutz, Staub und trockene Luft haben Schäden hinterlassen. Die Orgel muss in ihre Einzelteile zerlegt, gereinigt und schadhafte Teile müssen repariert und ersetzt werden», so Stuck.
3096 Pfeifen werden revidiert und optimiert
Geplant ist dies Generalrevision in den Monaten September und November. Dazu wird die Orgel vollständig eingerüstet und vor Ort zerlegt. Die 3096 Pfeifen zwischen 15 Zentimeter und 30 Meter werden sorgfältig im Kirchenschiff ausgebreitet. Deshalb findet in dieser Zeit der Gottesdienst im Chor statt. Zur musikalischen Umrahmung wird die kleine Orgel benützt. «Einige Zofinger kennen das von der umfangreichen Renovation vor über 30 Jahren als das Dach des Mittelschiffes eingestürzt war. Wir sind also flexibel», lacht Stuck. Er, seine Pfarrerkollegen und das Team der reformierten Kirchgemeinde Zofingen sind sich über den Mehrwert der renovierten Orgel einig: «Dank der Generalrevision kann die majestätische Klangfülle dieses Instrumentes voll ausgeschöpft werden und damit kommt ihr einzigartiger Charakter wieder voll zum Ausdruck und sie erklingt in ihrem gesamten Potenzial.»
Auf Spenden der Bevölkerung angewiesen
Doch die Revision der grossen Orgel der Stadtkirche Zofingen ist nicht gratis. Rund 220’000 Franken braucht es dafür. Der Grossteil der Kosten trägt die reformierte Kirchgemeinde Zofingen. Unsere Finanzen sind knapp. In Zeiten von Mitgliederschwund und sinkenden Einnahmen können wir solche Investitionen nicht mehr so einfach stemmen und deshalb haben wir uns etwas einfallen lassen müssen», so Stuck. Dazu wurde ein fünfköpfiges Komitee gegründet, bestehend aus den beiden Pfarrer Lukas Stuck und Ruedi Gebhard, Doris Lüscher, Präsidentin Kirchenkommission Kirchkreis Zofingen-Mühlethal, sowie Organist Hans Jürg Bättig. Mit Fundraising-Aktionen soll ein Teil des Geldes finanziert werden. «Wir benötigen mindestens 50’0000 Franken. Aber wir sind momentan gut auf Kurs. Unser Spendenbarometer ist bereits über die Hälfte angestiegen», freut sich Stuck. Gestartet wurde mit der Finanzierungsaktion am Weihnachtsmarkt. Dabei wurde spezielle Orgelschokolade der Bäckerei Leutwyler, Orgelwein der Stadt Zofingen sowie aus alten Gesangsbücher und in Handarbeit hergestellte Papierengel verkauft. «Die Verbundenheit der Bevölkerung mit der Orgel ist gross», stellt Stuck fest. «Wir müssen bereits Wein und Schokolade nachbestellen.» Zudem gibt es anstelle der Weihnachtsengel demnächst erste Frühlingsbote in Form von Papiervögeln. Ein Sponsorenlauf in der Altstadt am 5. September sowie die Kollekte bei Orgelkonzerten soll weiterhin dazu beitragen, dass dies Zukunft dieses wertvollen Instrumentes langfristig gesichert ist.
Übrigens, die Bedeutung der über Jahrhunderte gewachsene Orgelkultur wurde durch die Anerkennung des UNESCO 2018 «Orgelbau und Orgelmusik als immaterielles Kulturerbe der Menschheit» gebührend gewürdigt.
Corinne Remund