Wo bleibt unsere Privatsphäre?

    (Bild: zVg) Eric G. Sarasin

    Wir fragen uns in der heutigen Welt oft, wie gross das Mass an Ueberwachung oder Beobachtung des Staates und Privater Institutionen ist. Die technischen Möglichkeiten sind heute unbegrenzt und zunehmend, und die wirkliche Privatsphäre gibt es nicht mehr, ausser man zieht sich ohne elektronische Hilfsmittel (Handy, Laptop, etc.) auf eine Berghütte ohne Strom zurück.

    Natürlich können die öffentlichen Kamera’s auch schützen, und kriminelle- oder terroristische Tätigkeiten aufdecken und lösen. Es gilt abzuschätzen, wo das Mass überschritten wird, und Einhalt geboten werden muss. In unserem täglichen Leben, v.a. beim Einkaufen, glauben wir die Kontrolle über unsere Entscheidungen zu haben. Das ist jedoch zunehmend nicht mehr so.

    Marketing-Professor Joseph Turow (University of Pennsylvania) hat soeben ein Buch veröffentlicht («The Aisles Have Eyes»), welches einerseits faszinierend ist, und andererseits auch beängstigend. Eine Passage beschreibt einen Vater einer Teenagerin, der erst herausfindet, dass seine Tochter schwanger ist, nachdem ein Versandhaus Mutterschafts- und Kinderbetreuungsunterlagen nach Hause sendet. Wie wusste das Versandhaus, dass seine Tochter schwanger war, bevor es die Familie wusste? Turow beschreibt in seinem Buch, wie sich eine neue Welt des Marketing’s langsam in unserem Leben einnistet. Detailhandelsketten können zum Beispiel über ihr Online-Portal Daten und Informationen einsammeln, welche sie danach analysieren, auswerten und ausnützen. Damit können Sie nicht nur sehen, was den Konsumenten interessiert, sondern sie sehen auch, zu welchen anderen Webseiten der Kunde springt. Das Gleiche kann über Smartphone Apps, Wi-Fi, Kameras und GPS herausgefunden werden. Big Data schreitet voran, und die Daten können schliesslich so ausgewertet werden, dass persönliche Nachrichten an die Kunden kreiert werden können, und somit können die Händler herausfinden, ob ein Käufer/in schwanger ist, kein Rasierschaum mehr hat, etc. Sie können dann gezielt Werbung zur richtigen Zeit einsetzen. Ganz konkret und aktuell können Detaillisten sogar, durch die Kombination von «Tracking» (Verfolgung) und Datenabgleich aus gescannten Barcodes oder Kreditkarten-Belastungen, einen Coupon für z.B. Schokolade auf dem Handy erstellen, wenn der Kunde im spezifischen Regal danach Ausschau hält.

    Die Beeinflussung wird sich nicht nur auf den Detailhandel ausweiten, sondern auch beim Kauf von Autos, Möbel, Reisen, Kleider, etc. Der Kunde muss sich nicht nur dessen bewusst sein, sondern den geschärften Blick entwickeln, um die Kontrolle nicht zu verlieren. Die Detailhändler gehen jedoch sehr geschickt vor, und machen es dem Konsumenten «bequem», damit er seine persönlichen Informationen herausgibt. Oder sie überzeugen den Konsumenten seine Daten preiszugeben, damit er oder sie in das Treuebonusprogramm aufgenommen werden können.

    Unseren technologischen Fortschritt hat also seine Kehrseite, und die Gesellschaft und die Regierungen tun gut daran, die Menschen vor dem Missbrauch oder Ausschlachten der technologischen Möglichkeiten zur Profitmaximierung zu schützen. Sonst wird das Zitat von George Orwell «Big brother is watching you» zur Perversion getrieben.


    ZUR PERSON

    Eric G. Sarasin ist Inhaber seiner Familienfirma «White Sail Consulting AG», von welcher er aus verschiedene Verwaltungsratsmandate inne hat, in Unternehmen investiert und Jungfirmen berät. Er ist in diversen wohltätigen Organisationen aktiv, wie bei der Krebsliga beider Basel, der Stiftung «Race for Water» und in mehreren Stiftungsräten.

    Eric G. Sarasin ist verheiratet mit einer Amerikanerin und Vater von vier Kindern. Zu seinen Hobbies gehören sportliche Aktivitäten wie Joggen, Yoga, Golf, Fussball und Langlauf. Zudem interessiert er sich für die Filmwelt und Politik.

    Vorheriger Artikel«Grenzenlose Einwanderung führt langfristig in die Katastrophe»
    Nächster ArtikelImmer öfter ist «Losgrösse 1» gefragt